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Es mangelt auch nicht an apokalyptischen Themen, denen wir uns gerne ans Messer liefern - Julia Niemann und Daniel Hoesl
Mit überspitzten Figuren in skurill wirkenden Szenarien zeichnen Julia Niemann und Daniel Hoesl ein Bild der Realität, und das äußerst treffend. Drei ihrer großartigen Filme bieten wir bei uns im KINO VOD CLUB an.
Kapitalismus- und Gesellschaftskritik ziehen sich wie ein roter Faden durch eure Werke – auch durch VENI VIDI VICI. Ihr entstammt beide der Arbeiterklasse. Ist der klare Blick auf die Privilegien der Oberschicht euer Antrieb, sich mit diesen Themen zu beschäftigen?
Kapital konzentriert sich auf Wenige, während andere auf der Strecke bleiben. Menschen finden keine Arbeit, können sich keine Wohnung mehr leisten, verlieren jede Perspektive. Das sind wirklich keine Neuigkeiten. Gleichzeitig werden Milliardär:innen wie Popstars verehrt und wir gewähren ihnen Sonderstatus und Sonderrechte. Wir möchten die Wut der Leute von unten nach oben richten. Nicht auf die Armen und Chancenlosen hinabschauen, sondern die Mistgabeln nach oben strecken!
Ihr wart beim Dreh zu VENI VIDI VICI insbesondere auf Sonnentage angewiesen, um das sorgenfreie Leben der Maynards perfekt zu skizzieren. Was war beim Dreh für euch wichtig?
Unsere liebenswürdigen Serienmörder:innen leben in einer sehr sonnigen Welt, die nichts und niemand trüben kann. Wir wollten jeden Schatten von ihrer Sonnenseite fernhalten, so wie ihr Vermögen in fernen Steueroasen weit weg von uns in Sicherheit geschafft wurde.
Bei eurem Film WINWIN habt ihr originale Zitate des Investors Nicolas Berggruen im Drehbuch verwendet. Wie sehr basieren eure Filme auf wahren Begebenheiten? Und braucht man Fiktion nur für die Dramaturgie, weil das wahre Leben genug Stoff für eure Filme liefert?
Unsere Arbeit basiert auf langjähriger Recherche, die sich schon in unseren Filmen DAVOS oder WINWIN, wie auch in SOLDATE JEANNETTE zeigt. Es geht uns nicht um wahre Geschichten, sondern um eine Mélange an Anekdoten und Informationen, die sich zu konkreten, stilisierten Figuren destillieren.
Für VENI VIDI VICI hat die Finanzierung sieben Jahre gedauert, die Finanzierung experimentellerer Formate ist oft eine Herkulesaufgabe. Wie seht ihr die Situation in der österreichischen Filmlandschaft?
Wichtig ist, dass es gelungen ist, den Film zu machen. Letztlich ist es geglückt und das ist, was zählt. Wir sind froh, die Finanzierungspartner überzeugen zu können, ohne die es den Film nicht geben würde.
In der Filmbranche sieht man immer häufiger weiblich-männliche Duos im Regiestuhl. Ihr beide arbeitet seit einigen Jahren zusammen und habt mittlerweile einige Filme miteinander gemacht. Wie ist bei euch die Arbeitsteilung?
Es ist jedes Mal anders. Daniel ist schon etwas älter, also hat er schon mehr Filme gemacht. Wir haben uns bei der Premierenfeier von SOLDATE JEANNETTE kennengelernt und die Produzentin Kathi Posch hat Julia dann an Board für WINWIN geholt. Für VENI VIDI VICI hat Daniel das Drehbuch geschrieben, wir haben aber von Beginn an eng zusammengearbeitet.
Julia, du arbeitest gerade an deiner ersten, allein verantworteten Regiearbeit: I’M NOT HERE TO MAKE FRIENDS. Wie war die Arbeit und was erwartet uns?
Ich schreibe gerade noch das Drehbuch. I’M NOT HERE TO MAKE FRIENDS ist ein Psychothriller über das Zeitalter des Narzissmus, in dem wir leben. Es geht um Reality-TV und, natürlich, auch darum, was der Kapitalismus mit uns Menschen anrichtet. Um es mit der guten alten Margaret Thatcher zu sagen: „Economics are the method, but the object is to change the soul!“
Daniel hat am Kapitalismus tatsächlich einen Narren gefressen. Der Preis des Geldes ist ein unerschöpfliches Thema. Aber es mangelt auch nicht an anderen apokalyptischen Themen, denen wir uns gerne ans Messer liefern!
Julia Niemann und Daniel Hoesl haben uns auch Filmempfehlungen aus dem KINO VOD CLUB dagelassen.